Kapitel 17 – Zwischen Sternen und Stille

Stille Routen

Amanda hatte die Stiefel auf dem Tisch, als Geraldine die Lounge betrat. Das matte Licht spiegelte sich in der Glasfront, draußen zog langsam der Planet unter ihnen vorbei.
„Das sieht gemütlich aus,“ sagte Geraldine, und Amanda verzog keine Miene.
„Genieß den Anblick. Ich bin erst mal weg.“

Geraldine blieb stehen. „Wie weg?“
„Mehrere Wochen. Vielleicht ein, zwei Monate. Eine ganze Latte an Aufträgen, teils im imperialen Gebiet, teils weiter draußen.“ Amanda nahm die Füße vom Tisch, setzte sich gerade hin. „Die Sachen lagen schon länger auf dem Stapel, und jetzt hat sich alles gebündelt.“

„Du hast mir nichts davon erzählt.“
„Weil ich nicht wusste, ob’s wirklich so kommt. Und… weil ich den Moment nicht früher verderben wollte.“
Geraldine setzte sich, ließ sich in den Sitz sinken. „Also keine gemeinsame Mission mehr in nächster Zeit.“
„Nicht in nächster Zeit.“ Amanda lehnte sich zurück, musterte sie. „Aber du kennst mich. Ich brauche manchmal Abstand. Sonst kriegen wir beide einen Lagerkoller.“
„Du brauchst Abstand, oder deine Auftraggeber?“
„Beides.“ Ein dünnes Lächeln, fast entschuldigend. „Das heißt nicht, dass ich verschwinde. Nur, dass ich den Funk öfter benutze als die Dockingklammern.“

Es war kein Streit, nur diese Mischung aus Verständnis und einem leisen Ziehen im Bauch. Geraldine wusste, Amanda würde zurückkommen – aber das Wissen machte den Abschied nicht leichter.
„Pass auf dich auf.“
„Immer.“ Amanda stand auf, griff nach ihrer Jacke. „Und sorg dafür, dass du was zu erzählen hast, wenn ich wieder da bin.“

Wenig später stand Geraldine am Beobachtungsfenster, als Amandas Fer-de-Lance aus dem Dock glitt. Das Triebwerksglühen spiegelte sich im Glas, bis das Schiff im Fernlicht der Sterne verschwand.


Die Wochen vergingen.


Ein Morgen begann auf einem windgepeitschten Mond, Geraldine kniete im roten Staub und versuchte, den Sensor auf einen dünnen, zitternden Pflanzenstängel auszurichten. „Bleib still, verdammt noch mal…“ Der Scangerät piepte beleidigt, als hätte es verstanden. Irgendwo in der Ferne plärrte ein Funkspruch eines Frachters, der um Landeerlaubnis bat. Sie atmete tief durch, drückte erneut den Auslöser – und endlich zeichnete sich das Datenmuster auf dem Display ab.

An anderen Tagen war es Handel: endlose Frachterflüge durch belebte Routen, Container voller Industrieausrüstung, Gewürze, medizinischer Vorräte. Auf dem Weg nach Achenar ein drohender Piratenangriff – drei Warnungen im Scanner, ein kurzer Blick auf die Sprungreichweite, und dann das beruhigende Rauschen des Frameshift, der sie in den Hyperraum zog. Trade – Elite II. Kein Drama, nur Routine – und das Gefühl, jeden Credit doppelt verdient zu haben.

Zwischen all dem die Kampagne „Föderationsschlag gegen das Syndikat“. Chaos im Funk, Zielmarkierungen über feindlichen Schiffen, das dumpfe Dröhnen der Geschütze, das den Rumpf erzittern ließ. Eine Stunde später: der stille Abzug, Rumpf intakt, Schildgenerator am Limit. Mission erfüllt.

Und dann Exploration. Wochen allein am Rand bekannter Systeme, Scans von blauen Riesen, Wasserwelten, Gesteinsbrocken mit nichts als Staub. Das leise Klicken des Kartenscanners, das Rauschen der Schiffssysteme – ein fast meditativer Kontrast zu den Monaten davor. Explorer – Pioneer.


Eines Abends saß Geraldine wieder in der Lounge. Vor ihr ein Glas, das Holo-Panel daneben blinkte mit einer neuen Nachricht.
„Bald wieder in der Nähe. Erzähl mir, was du in der Zwischenzeit alles angestellt hast.“ – Amanda.

Geraldine lehnte sich zurück, ließ den Blick über die Sterne draußen schweifen.
Monate waren vergangen. Monate ohne Amanda. Und jetzt war sie wieder auf dem Weg zu ihr.

Im Licht des Nebels

Der Carrier hing im Orbit eines unscheinbaren Gasriesen, als das Docking-Kontrollsystem eine Ankunft meldete. Geraldine stand in der Hangarbeobachtung und sah, wie die schlanke Silhouette einer Fer-de-Lance durch die Kraftfelder glitt. Das satte, kontrollierte Brüllen der Triebwerke war unverkennbar.

Amanda stieg aus, das Visier noch halb geschlossen, und schüttelte den Kopf. „Dein Empfangskomitee sieht heute ziemlich unterbesetzt aus.“
„Ich habe meinen besten Mann geschickt,“ erwiderte Geraldine trocken und deutete auf sich selbst. „Aber er war wohl beschäftigt.“

Amanda zog den Helm ab, und in dem Moment fiel der letzte Rest Distanz zwischen ihnen. Sie trat einen Schritt näher, legte die Arme um Geraldine, fest und ohne Hast. Der Geruch von Schiffsluft und Maschinenöl mischte sich mit dem vertrauten, undefinierbaren Etwas, das nur Amanda hatte. Geraldine hielt sie ebenso fest, schloss kurz die Augen. Monate ohne Amanda – das Gewicht dieser Zeit fiel erst jetzt spürbar von ihr ab.

„Monate ohne dich,“ murmelte sie, und ihre Stimme klang rauer, als sie wollte.
Amanda löste sich leicht, gerade so, dass sie ihr in die Augen sehen konnte. „Und du lebst noch. Beeindruckend.“ Sie grinste, aber in ihrem Blick schimmerte etwas Warmes. Geraldine lachte leise, wischte sich mit einer fast ungeduldigen Bewegung über den Augenwinkel.

„Komm“, sagte sie schließlich. „Ich hab was gefunden, das dir gefallen könnte. Koordinaten zu einem Nebel. Nicht auf den offiziellen Karten.“
„Besser als deine Gasriesen-Idee? Damals sind wir fast gegrillt worden.“
„Versprochen. Diesmal keine Sternenflammen.“

Sie nahmen zwei kleinere Schiffe – Geraldine in ihrer Mamba, Amanda in der FDL. Der Carrier würde im Orbit bleiben; dieser Ausflug war nur für sie.
„Du führst?“ fragte Amanda über Funk.
„Ich habe die Koordinaten, also ja.“ Geraldine grinste in sich hinein. „Versuch nur, nicht wieder die Hälfte der Strecke vorzufliegen.“
„Ich kann nicht langsamer, du kannst nur schneller.“

Die Systeme verschwanden nach und nach von der Galaxiekarte. Der Raum wurde leerer, dunkler. Dann, in der Ferne, ein matter, schimmernder Schleier. Das Eintauchen war wie in warmes Wasser. Türkis und Violett verschmolzen zu weichen, wogenden Mustern. Partikelströme zogen glitzernd an den Cockpits vorbei, Licht brach sich in millionenfachen Reflexen.
„Du weißt schon, dass ich das nicht mehr toppen kann, oder?“ Amandas Stimme klang ausnahmsweise frei von Spott.
„Das hebe ich mir für Colonia auf.“
„Colonia…“ Amanda schwieg kurz, dann wechselte sie das Thema. „Guck dir diese Lichtbögen an.“

Sie flogen langsam nebeneinander, die Schiffe nur wenige Meter auseinander. Manchmal durchquerten sie dichte Partikelschwaden, die wie Nebelwolken wirkten, dann wieder klare Bahnen, in denen ferne Sterne funkelten. Funkstille – nur das leise Summen der Triebwerke. Geraldine scannte einen kleinen Gesteinsplaneten im Nebel. „Weicher Boden, dünne Atmosphäre. Wir könnten landen.“
„Führ mich runter.“

Die Oberfläche war mit feinem, silbrigem Staub bedeckt, der bei jedem Schritt wie Pulver aufwirbelte. Zwischen den flachen Hügeln wuchsen bizarre, halbtransparente Strukturen – kristalline Gebilde, die wie eingefrorene Blasen aussahen. Amanda stieß gegen eine mit dem Stiefel. „Hohl. Klingt, als wäre da drin…“
Pling. Eine kleine Drohne kullerte heraus, verrostet, uralt.
„Was zum…?“ Geraldine nahm sie hoch, drehte sie in der Hand. „Sieht aus wie ein Bergbau-Scout aus dem letzten Jahrhundert.“
„Oder ein billiges Kinderspielzeug.“ Amanda grinste. „Dein Andenken.“

Sie setzten sich auf eine flache Erhebung und sahen zu, wie der Nebel langsam über den Horizont kroch, Farben mischte und wieder auflöste. Zurück in ihren Schiffen war es still. Die Partikelströme glitten vorbei, der Nebel wurde dünner. Amanda brach die Funkstille:
„Weißt du, für solche Momente fliege ich überhaupt noch.“
„Und nicht für Colonia?“ Geraldine versuchte, es leicht klingen zu lassen.
Amanda lächelte nur. „Colonia ist dein Ding.“

Geraldine schwieg, speicherte den Moment. Der Carrier kam in Sicht, groß und ruhig wie immer, als die beiden in die Andockschleusen eintraten.

Worte im Zwielicht

Die Schleusentore schlossen sich hinter ihnen, als die beiden Schiffe in den Hangar des Carriers glitten. Der Nebel lag schon Stunden hinter ihnen, doch seine Farben hingen Geraldine immer noch im Kopf. Amanda stieg aus ihrer FDL, streckte sich kurz und warf einen Blick zu Geraldine, der mehr sagte als Worte: Schöner Tag. Aber er ist vorbei.

Sie machten sich wortlos auf den Weg zur Lounge. Dort war es gedämpft beleuchtet, nur das leise Brummen der Systeme und das entfernte Klirren aus der Küche drangen an ihre Ohren. Geraldine ließ sich in einen Sessel fallen, Amanda setzte sich ihr gegenüber. Zwischen ihnen stand eine Flasche Wasser und zwei Gläser – neutral, wie um die Stimmung nicht vorab festzulegen.

„Also… Colonia.“ Amanda begann, als würde sie das Thema zufällig aufgreifen. „Was glaubst du, erwartet dich da?“
„Ruhe. Weite. Vielleicht ein bisschen Langeweile.“ Geraldine zuckte mit den Schultern. „Aber vor allem… ein Anfang. Irgendwo, wo mich keiner kennt.“
„Klingt nach Flucht.“
„Oder nach Neuanfang.“

Amanda lehnte sich vor, stützte die Ellbogen auf die Knie. „Du fliegst ans Ende der Galaxis, weil… was? Du dich hier sattgesehen hast?“
„Vielleicht. Oder weil ich wissen will, ob es mehr gibt als den endlosen Kreislauf aus Missionen, Credits und Rängen.“ Geraldine nahm einen Schluck Wasser, stellte das Glas ab. „Manchmal fühlt sich die Bubble an wie ein Käfig ohne Gitter.“
„Und du denkst, Colonia hat keine?“
„Vielleicht andere. Vielleicht keine. Das finde ich nur raus, wenn ich gehe.“

Amandas Blick wurde schmaler. „Weißt du, dass du dich selbst mitnimmst? Egal, wo du hinfliegst.“
„Und du weißt, dass du genauso klingst wie diese Stationspsychologen?“
„Mag sein. Aber die haben manchmal recht.“

Geraldine lehnte sich zurück, verschränkte die Arme. „Du bist dir also wirklich sicher, dass du nicht mitkommst?“
„Du fragst das, als hoffst du, ich sag plötzlich ja.“
„Vielleicht hoffe ich das.“

Amanda atmete tief durch, dann sprach sie langsam: „Ich will, dass du gehst. Ich will, dass du Colonia siehst. Aber ich bin nicht dafür gemacht, im Schatten anderer zu fliegen. Ich verliere meine Ziele, wenn ich dir hinterherfliege.“
„Vielleicht findest du neue.“
„Vielleicht. Aber nicht dort.“

Eine lange Pause entstand. Beide hielten den Blick, als wollten sie sehen, ob der andere zuerst wegschaut.
„Vielleicht hast du einfach Angst vor der Distanz,“ sagte Geraldine schließlich.
„Und vielleicht willst du nicht zugeben, dass du Angst hast, alleine zu sein.“

Die Worte schnitten tiefer, als beide zugeben wollten. Geraldine spürte, wie ihr Puls schneller ging, Amanda verschränkte unruhig die Finger. Dann, fast gleichzeitig, brachen sie in ein kurzes, trockenes Lachen aus.
„Du bist verdammt gut darin, mir auf den Nerv zu gehen.“
„Und du bist verdammt gut darin, Dinge persönlich zu nehmen.“

Das Lachen wurde wärmer, weicher. Amanda griff nach der Flasche, schenkte nach. „Komm, lass uns was essen, bevor wir noch mehr Wahrheiten austauschen.“
„Und danach?“
„Danach… sehen wir mal.“

Stimmen in der Stille

Amanda lehnte am Geländer der oberen Hangarebene, während Geraldine unter ihr auf dem Deck stand, den Rumpf der Anaconda prüfend. Die Maschine war frisch gewartet, betankt, und strahlte diese stumme Bereitschaft aus, sich in die Weite zu stürzen.

„Eine Woche?“, fragte Amanda von oben.
„Vielleicht länger.“ Geraldine sah nicht hoch, strich mit der Hand über die Linien des Schiffs. „Ich brauche… Luft. Und Abstand.“
„Luft hast du da draußen genug.“ Amanda grinste leicht, doch ihre Stimme war sanfter als sonst. „Geh. Flieg. Ich mach hier ein paar Aufträge, halte die Kabine warm.“

Geraldine sah kurz hoch, erwiderte das Grinsen. „Und übernimm mir nicht den Carrier.“
„Noch nicht.“ Amanda drehte sich halb weg, als wollte sie nicht zeigen, dass sie länger hinsehen wollte, als nötig. „Komm zurück, wenn du weißt, was du willst.“

Die Worte hallten in Geraldine nach, als sie die Rampe hochstieg und im Cockpit Platz nahm. Mit einem sanften Summen erwachten die Systeme. Der Start war Routine – und doch fühlte es sich an, als würde sie aus mehr als nur einem Hangar starten.


Die Tage verschwammen zu einer Mischung aus Sprüngen, Scans und einsamen Landungen. Systeme kamen und gingen auf der Navigationskonsole, unzählige Sternenpunkte, jeder so still wie der vorherige. Auf einem kleinen Eismond stieg sie aus, stand im fahlen Licht eines fernen Sterns, das über den glatten Boden kroch. Der Funk war stumm.

„Was, wenn danach alles anders ist?“ Ihre eigene Stimme in der Helmkapsel wirkte fremd. „Was, wenn sie nicht mehr hier ist? Was, wenn ich ihr egal werde?“
Der Gedanke stach wie eine kalte Klinge. Sie atmete tief, doch der Druck in der Brust blieb.

Sie sprang weiter, scannte ferne Sonnen, funkte Daten an Kartografen. Auf einem staubigen Planeten setzte sie sich neben das SRV, den Helm auf den Knien. Der Horizont war leer, endlos – und trotzdem fühlte sie sich eingeengt.

„Ich weiß nicht mal, was ich will,“ murmelte sie. „Colonia. Amanda. Freiheit. Bleiben. Gehen.“ Die Worte mischten sich zu einem Flüstern, das in der trockenen Luft verklang.

In einer einsamen Umlaufbahn über einem roten Zwerg brach es aus ihr heraus. Ohne Vorwarnung liefen Tränen, schwer und warm, während draußen das Licht flackerte. Sie wischte sie weg, lachte bitter auf. „Genial. Ich flieg hier raus, um klarer zu sehen – und seh nur noch mehr Nebel.“


Nach einer Woche, unzähligen Sprüngen und kaum Schlaf, richtete sie den Kurs zurück. Der Carrier erschien als heller Punkt vor den Sternen, wuchs zu dieser vertrauten, massiven Gestalt heran. Amanda war wahrscheinlich irgendwo an Bord, vielleicht mit den Füßen auf dem Tisch, vielleicht in ihrer Kabine.

Geraldine schwebte in den Hangar, die Anaconda setzte weich auf. Die Lichter, die Geräusche, alles war wie vorher. Auch in ihrem Kopf hatte sich nichts geordnet – aber die Woche im Nichts hatte etwas klar gemacht: Sie würde aufbrechen. Auch wenn sie noch keine Antwort hatte, wie es danach sein würde.

Der letzte Blick

Geraldine saß in ihrer Kabine, die Füße auf dem kleinen Tisch, den Helm achtlos in die Ecke gestellt. Vor ihr lag eine halbleere Kaffeetasse, daneben der Notizblock, auf dem sie in den letzten Tagen mehr Gekritzel als Erkenntnisse gesammelt hatte. Die Tür öffnete sich lautlos, und Amanda lehnte im Rahmen.

„Na? Hat der große Selbstfindungstrip dich schlauer gemacht?“
Geraldine blickte hoch, ein trockenes Lächeln. „Ja. Ich weiß jetzt, dass ich genauso planlos bin wie vorher.“
Amanda trat ein, ließ sich auf den Stuhl gegenüber fallen. „Wow. Eine Woche allein, und das ist das Ergebnis? Ich bin beeindruckt.“
„Ich könnte sagen, dass ich immerhin schöne Sterne gesehen habe. Aber das war’s auch.“
„Dann komm. Lounge. Ich geb dir ein Bier, und du erzählst mir, wie man eine Woche Weltraumreise ohne eine einzige bahnbrechende Erkenntnis überlebt.“


Sie gingen schweigend den Gang entlang, ihre Schritte hallten auf dem Metallboden. Amanda warf ihr einen Seitenblick zu. „Also wirklich gar nichts? Kein ‘Das ist mein Weg’-Moment?“
„Nichts.“ Geraldine zuckte die Schultern. „Ich hab’s versucht. Aber egal wie weit ich geflogen bin – meine Gedanken haben mich immer eingeholt.“
„Tja. Man kann sich nicht vor sich selbst verstecken.“
„Danke für die Lebensweisheit.“
„Gern geschehen. War kostenlos.“


In der Lounge war es ruhig. Sie nahmen am Fenster Platz, draußen glitt der Sternenhintergrund langsam vorbei. Amanda stellte zwei Gläser auf den Tisch, das Schäumen der Flüssigkeit brach die Stille.

„Also, worum geht’s wirklich?“ fragte Amanda und lehnte sich vor.
Geraldine sah ins Glas. „Ich hab Angst, Amanda. Nicht vor Colonia – vor dem, was hier bleibt. Vor uns.“
„Weil du denkst, dass sich was ändert?“
„Weil ich’s nicht weiß. Vielleicht bleibst du. Vielleicht nicht. Vielleicht komm ich zurück und… es passt nicht mehr.“

Amanda hielt ihrem Blick stand. „Ich kann dir nicht versprechen, dass sich nichts ändert. Aber ich kann dir sagen, dass ich nicht weglaufe, nur weil du nicht da bist.“
„Und wenn wir uns verändern?“
„Dann nicht, weil wir’s wollten.“


Geraldine stieß einen leisen, genervten Laut aus. „Ich hasse es, keine Antworten zu haben.“
„Willkommen im Club.“ Amanda grinste kurz, wurde dann wieder ernst. „Hör zu – du bist immer noch ratlos, ja? Aber das ändert nichts daran, dass du fliegen musst. Wenn du hierbleibst, hängst du fest. Und du weißt, dass ich recht habe.“
„Wahrscheinlich.“
„Nein – sicher.“

Sie tranken, redeten noch eine Weile über Colonia. Amanda machte sich über die Stationsnamen lustig, Geraldine konterte mit Spitzen über stundenlange Kopfgeldflüge. Es war wie immer – das Knistern zwischen Humor und Ernst.


Amanda löste die Umarmung zuletzt, als ob es ihr schwerfiel, die Hände zu lösen. „Pass auf dich auf,“ sagte sie leise, und Geraldine nickte, unfähig, sofort zu antworten.

Sie gingen gemeinsam ein paar Schritte, bis sich ihre Wege trennten – Amanda zum Hangar, Geraldine zum Kommandodeck des Carriers. Die schweren Türen schlossen sich zwischen ihnen, und für einen Moment stand Geraldine allein im gedämpften Licht des Ganges, das leise Summen der Lebenserhaltung im Ohr.

Oben im Kommandobereich nahm sie Platz, spürte das vertraute Gewicht des Sitzes, den Blick durch die riesige Panoramascheibe. Unten, auf dem Startdeck, stand Amandas Fer-de-Lance – schlank, elegant, bereit zum Sprung.

Die FDL hob ab, Triebwerke im Leerlauf, als würde sie den Moment noch dehnen wollen. Sie glitt hinaus in den schwarzen Raum, kehrte aber noch einmal zurück, flog so nah am Carrier vorbei, dass Geraldine jede Kante am Rumpf sehen konnte.

„Letztes Mal ganz nah,“ kam Amandas Stimme im Funk, warm und doch brüchig.
„Vergess ich nicht,“ antwortete Geraldine, und erst beim Sprechen merkte sie, dass ihre Kehle eng war.

Amanda nickte durchs Cockpitfenster, dann drückte sie den Boost. Die FDL schoss davon, ein gleißender Strich, der in den Sternen verschwand – und mit ihm etwas, das sich wie ein Stück von Geraldines Herz anfühlte.

Der Kommandobereich war plötzlich stiller als sonst. Sie blieb noch einen Moment sitzen, den Blick auf den Punkt gerichtet, an dem Amanda verschwunden war. Dann wandte sie sich dem Navigationsdisplay zu.

Die Route nach Colonia war längst vorbereitet – eine einfache Bestätigung, und der Carrier würde den Kurs aufnehmen. Ihre Finger schwebten über dem Panel, zögerten kurz, bevor sie den Befehl gab.

Die massiven Triebwerke des Carriers erwachten mit einem tiefen Grollen. Sterne verzogen sich zu Linien, und das vertraute Blau des Frameshifts umschloss sie. Geraldine lehnte sich zurück, die Augen brennend, den Geschmack von Salz auf den Lippen.

Ratlos wie zuvor. Aber unterwegs.

Kapitel 18