
Spielzeug mit Frachtraum
Im Hangar herrschte gedämpftes Licht, die Schiffshüllen glänzten im Schein der Wartungsstrahler. Geraldine sah zu Amanda hinüber. „Also? Für den Werftflug – nehmen wir deine FDL oder die Python?“
Amanda ließ den Blick kurz über ihre beiden Schiffe wandern, verschränkte dann die Arme und grinste. „Keine von beiden.“
Geraldine blinzelte. „Wie bitte?“
„Ich will nochmal die Anaconda fliegen.“ Amanda nickte Richtung des wuchtigen Rumpfes. „Ja, sie ist zu groß für so was – genau deswegen. Ich hab beim letzten Mal Blut geleckt.“
Geraldine schnaubte leise, konnte ein Lächeln aber nicht unterdrücken. „Du gewöhnst dich langsam daran, meine Schiffe einzusacken.“
„Oder du gewöhnst dich dran, sie zu teilen.“ Amanda zuckte mit den Schultern. „Also – darf ich?“
Geraldine sah sie einen Moment ernst an, dann nickte. „Du darfst.“
Amanda grinste zufrieden.
Geraldine fügte trocken hinzu: „…weil ich dir vertraue. Und weil ich dich liebe. Aber verkack’s nicht, sonst überleg ich mir das mit der Liebe nochmal.“
Amanda lachte auf, schüttelte den Kopf und griff nach dem Schubregler. „Du bist unmöglich.“
Die Anaconda löste sich mit tiefem Grollen vom Hangarboden, träge und majestätisch zugleich. Amanda hielt den Schubregler fest, die Augen funkelten.
„Siehst du?“ sagte sie. „Kein Problem. Läuft wie geschmiert.“
„Noch bist du nicht mal aus dem Hangar raus,“ erwiderte Geraldine trocken. „Warte, bis du andocken musst. Dann trennt sich die Spreu vom Piloten.“
Amanda grinste, steuerte die wuchtige Anaconda durch die Ausfahrt ins Schwarze. „Mach dir keine Sorgen. Ich bringe deine Diva heil zur Werft.“
„Diva trifft’s,“ murmelte Geraldine und beobachtete, wie die Sterne sich in der Cockpitscheibe ausbreiteten. „Sie tut gern so, als sei sie elegant – und stolpert, wenn du sie falsch behandelst.“
„Dann ist ja gut, dass ich Charme hab,“ konterte Amanda.
Geraldine lachte leise, lehnte sich zurück. „Charme? Das erklärst du mir mal beim Andocken. Wenn der Stationslotzer dich zusammenfaltet, weil du die Schilde an der Dockschranke gelassen hast.“
Amanda zog eine Augenbraue hoch, selbstbewusst wie immer. „Wetten, dass ich’s sauber hinkriege?“
„Nein,“ sagte Geraldine grinsend. „Wetten, dass ich’s genieße, wenn du’s nicht hinkriegst.“
Die Werftstation schob sich ins Blickfeld – ein schwerer Ring aus Metall, von grellem Docklicht erleuchtet. Amanda zog die Anaconda auf Kurs, ein Hauch von Stolz im Blick, als die Andockklammern sauber einrasteten.
„Siehst du?“ sagte sie, als die Systeme sich setzten. „Kein Kratzer.“
„Noch nicht,“ brummte Geraldine, stand aber schon auf. „Komm, lass uns abholen, wofür wir hier sind.“
Die beiden machten sich auf den Weg durch die breiten Korridore der Werft. Geraldine meldete sich am Terminal, das in kaltem Licht aufleuchtete. Die Formalitäten waren schnell erledigt: ein paar Signaturen, ein Transfer, eine nüchterne Bestätigung.
Dann öffnete sich die Halle.
Der neue T8 stand da, frisch ausgerüstet, die Oberfläche makellos, die Lackierung glänzend im Licht der Werftstrahler. Keine Macken, keine Kratzer – ein unbeschriebenes Blatt.
Geraldine blieb stehen, verschränkte die Arme und musterte den kantigen Rumpf. „Da ist er also. Noch ganz brav.“
Amanda trat neben sie, schnalzte mit der Zunge. „Sieht gar nicht so schlimm aus. Fast wie ein ordentlicher Frachter.“
„Ist er auch,“ murmelte Geraldine. „Nur diesmal von Anfang an meiner.“
Der T8 reagierte geschmeidig, als Geraldine die Steuer übernahm. Nicht so träge wie der T9, nicht so spritzig wie die Cutter – irgendwas dazwischen.
„Na, wie läuft er sich?“ Amandas Stimme knisterte über den Funk. Sie saß längst wieder in der Anaconda und war schon auf Kurs zur Citadel.
„Solide,“ antwortete Geraldine, dann grinste sie. „Aber ich will sehen, wie viel Spaß er verträgt.“
Sie drückte den Schubregler nach vorn, ließ den T8 in eine enge Kurve kippen. Das Schiff antwortete sauber, kein Knarzen, kein Nachziehen. Geraldine zog eine zweite Schleife, nur um das Gefühl auszukosten.
„Du spielst,“ kommentierte Amanda trocken.
„Ich teste,“ entgegnete Geraldine.
„Klar. Und der nächste Looping ist bestimmt für die Wissenschaft.“
Geraldine lachte, senkte die Nase des T8 auf einen nahen Planeten. Die graue Oberfläche kam schnell näher, Staubfelder flogen vorbei. Mit ruhigen Händen brachte sie das Schiff herunter, Fahrwerk ausgefahren, bis der Rumpf sanft aufsetzte.
Ein Moment völliger Stille, nur das Knistern der Triebwerke. Geraldine lehnte sich zurück, atmete tief ein.
„Setz dich da bloß nicht fest,“ meldete Amanda. „Ich hab keine Lust, mit der Anaconda Schlepper zu spielen.“
„Entspann dich,“ murmelte Geraldine und hob das Schiff wieder in den Orbit. „Er fühlt sich fast… leicht an.“
Amanda brummte. „Dann gewöhn dich nicht dran. Ich warte beim Carrier. Beeil dich, sonst trink ich deinen Kaffee.“
Der T8 setzte weich auf dem Hangarpad der Citadel auf. Die Triebwerke fielen in ein tiefes Grollen zurück, während sich die Lichter des Carriers im frisch polierten Rumpf spiegelten.
Amanda stand bereits unten, die Arme locker verschränkt, und sah zu, wie Geraldine die Rampe hinabstieg. „Na also,“ meinte sie trocken. „Noch heil. Fast hätte ich auf deinen Kaffee verzichtet.“
Geraldine grinste, schob sich an ihr vorbei. „Vergiss es. Ich hab dich noch nie Kaffee wegtrinken sehen.“
„Vielleicht fang ich ja damit an.“ Amanda fiel in Schritt, die beiden gingen nebeneinander durch den Gang in Richtung Quartier. Das leise Brummen des Carriers umgab sie wie vertrauter Herzschlag.
Im Quartier standen die Gläser schon bereit. Amanda ließ sich in die Ecke des Sofas fallen, Geraldine neben sie. Das Terminal projizierte eine Übersicht des frisch übernommenen T8.
„Also,“ begann Amanda, „wie denkst du ihn diesmal?“
Geraldine zoomte in die Konfiguration, ihre Finger glitten durch die Menüs. „Kein Mining. Multifunktion. Großer Frachtraum, SRV-Hangar, volle Drohnenkapazität. Dazu ein Schildgenerator, der nicht gleich einknickt.“
Amanda nickte. „Klingt vernünftig. Und der Antrieb?“
„Noch Standard,“ gab Geraldine zu. „Das muss ich bei den Ingenieuren nachholen. Aber erstmal will ich ihn so fliegen. Sehen, was er kann.“
„Na gut,“ Amanda nahm einen Schluck und grinste. „Und wehe, du verkaufst ihn wieder nach der ersten Mission.“
„Mach ich nicht,“ erwiderte Geraldine ernst, fast leise.
Amanda sah sie an, runzelte die Stirn. „So überzeugt?“
Geraldine nickte langsam, stellte ihr Glas ab. „Ja. Ich hab auch schon einen Namen.“
Amanda blinzelte, überrascht, wollte etwas sagen – doch Geraldine kam ihr zuvor.
„Theresa.“
Das Wort hing im Raum, schwer und warm. Amanda schwieg, ein seltener Moment ohne Witz. Dann hob sie ihr Glas und stieß leicht gegen Geraldines. „Auf Theresa.“
Geraldine lächelte, und in ihrem Blick lag etwas, das Amanda sprachlos machte – eine Mischung aus Entschlossenheit und etwas Tieferem, das sich nicht in Worte fassen ließ.
Staub und Drohnen
Theresa war kaum im Hangar angekommen, da begann Geraldine schon mit den Anpassungen. Tag für Tag verbrachte sie Stunden am Terminal und in den Wartungsgängen. Module kamen und gingen, jedes Teil wurde in Frage gestellt.
Zuerst der Frachtraum: größer, aber nicht so überladen, dass die Manövrierfähigkeit litt. Dann der SRV-Hangar – keine Diskussion, der musste rein. Drohnenmagazine in doppelter Ausführung, weil Geraldine aus Erfahrung wusste, dass man nie genug davon haben konnte.
Die Schilde ließ sie mehrfach testen, bis sie das Gleichgewicht aus Schutz und Gewicht gefunden hatte. Triebwerke, Energieversorgung, sogar die internen Verkabelungen – nichts blieb unberührt.
Rosie sah gelegentlich vorbei, warf einen prüfenden Blick und schüttelte dann nur den Kopf. „Wenn du so weitermachst, fliegt der Kahn am Ende von selbst.“
Geraldine grinste. „Wäre doch praktisch.“
Es war wie ein Ritual: planen, umbauen, testen – bis Theresa sich nicht mehr wie ein leeres Versprechen, sondern wie ein Teil von Geraldine anfühlte.
Die ersten Tage mit Theresa waren ein Wirbel aus Missionen. Lieferaufträge, Materialflüge, kleinere Kurierjobs – nichts Spektakuläres, aber genau das, was Geraldine brauchte. Das Schiff lief rund, reagierte präzise, und jedes Mal, wenn die Drohnen wie ein Schwarm aus dem Rumpf strömten, fühlte es sich mehr nach Einheit an.
Richtig spannend wurde es bei einer Restore Mission. Ein kleines Settlement, dessen Reaktoren ausgefallen waren. Einfacher Auftrag, offiziell. Inoffiziell: ein Magnet für Plünderer.
Schon beim Anflug sah Geraldine die Brandspuren am Boden, ein paar Wracks am Rand der Anlage. Auf den Scannern blinkten Signaturen, die eindeutig nicht zur Kolonie gehörten.
„Na super,“ murmelte sie. „Ratten am Buffet.“
Statt sich direkt ins Getümmel zu setzen, zog sie Theresa auf Abstand und gab das Kommando für den Orbit. Bleib oben und warte.
Sie selbst rollte mit dem Scorpion-SRV über den grauen Boden. Der Staub spritzte, die Anzeige summte.
Kaum hatte sie die erste Schleuse erreicht, tauchten am Horizont zwei weitere Dropships auf. Sie setzten mit grellen Triebwerksflammen neue Gruppen Plünderer ab. Geraldine knirschte mit den Zähnen.
„Am liebsten würde ich die verdammten Kisten vom Himmel holen.“ Sie ließ die Finger über den Waffenregler gleiten – zog sie dann aber wieder zurück. Kopfgelder konnte sie gerade nicht brauchen.
Also blieb nur der Boden. Mit dem Scorpion legte sie sich in Stellung, kippte über eine Anhöhe und eröffnete das Feuer. Plasma gleißte über den Staub, Plünderer taumelten, Drohnen explodierten. Es war dreckige Arbeit, aber befriedigend.
Nach einer halben Stunde war das Gelände gesichert. Geraldine brachte die Generatoren wieder online, hörte das beruhigende Summen der Systeme, als die Anlage langsam erwachte.
Beim Rückweg in den SRV checkte sie ihren Anzug. Die Anzeigen blinkten rot: Energie am Limit, die Kapazität lächerlich.
„Na toll,“ murmelte sie, schob den Helm hoch. „Das hält keiner lange durch.“
Doch anstatt sich zu ärgern, grinste sie. „Wird Zeit, die Spielzeuge aufzumotzen. Ingenieure freuen sich schon.“
Ein weiterer Grind, sicher. Aber diesmal fühlte es sich nicht nach Strafe an, sondern wie eine neue Aufgabe – etwas, das sie mit Theresa gemeinsam anging.
Die Tage reihten sich aneinander wie Perlen auf einer Schnur. Geraldine nahm Auftrag um Auftrag, und jedes Mal war Theresa dabei – zuverlässig, unspektakulär, aber immer da.
Manchmal waren es einfache Transporte zu vergessenen Stationen, wo sie im Halbdunkel Fracht ablieferte und sofort wieder startete. Ein anderes Mal flog sie Missionen, die sie tief in entlegene Sektoren führten, in kleine Lager, die von zweifelhaften Fraktionen betrieben wurden.
Dort rumpelte sie mit dem SRV über zerbeulte Landeplätze, klaubte Container auf, während Theresa im Orbit geduldig wartete.
Sie entdeckte, wie vielseitig das Schiff wirklich war: Frachtraum groß genug für längere Runs, Drohnen immer zur Hand, wendig genug, um selbst in unübersichtlichen Anflugzonen sauber zu manövrieren. Nichts Heroisches – aber jedes Mal ein Gefühl, dass das Schiff genau das tat, was sie brauchte.
Geraldine ertappte sich sogar dabei, wie sie lachte, wenn sie Material aus halbverfallenen Lagern stahl und im Scorpion mit quietschenden Reifen zurück in Theresas Hangar raste. So macht Arbeit Spaß, dachte sie.
Der Carrier wirkte vertraut, fast heimelig, als Geraldine nach Tagen voller Missionen wieder die Rampe hochging. Der Geruch von Öl und Metall, das leise Brummen der Systeme – es war, als würde die Citadel sie selbst begrüßen.
Amanda wartete bereits im Quartier. Sie lag halb ausgestreckt auf dem Sofa, ein Glas in der Hand, und warf Geraldine einen prüfenden Blick zu. „Na, wie läuft’s mit deinem neuen Spielzeug?“
Geraldine ließ sich neben sie fallen, stieß ihre Stiefel gegen den Tisch und atmete tief aus. „Es ist kein Spielzeug. Theresa… sie ist anders. Praktisch. Einfach. Ich hätte nie gedacht, dass mir so ein Schiff so viel Spaß machen könnte.“
Amanda hob eine Augenbraue. „Du hast das Schiff beim ersten Mal nach zwei Tagen wieder verkauft.“
„Ich weiß.“ Geraldine sah ins Glas, das sie in die Hand nahm, und schüttelte leicht den Kopf. „Und ich versteh’s nicht mehr. Jetzt fühlt es sich an, als hätten wir von Anfang an zusammengehört.“
Amanda legte den Kopf schräg, musterte sie mit einem dieser Blicke, die zwischen Spott und Wärme schwankten. „Dann bist du wohl endlich angekommen.“
Geraldine drehte den Kopf, erwiderte den Blick. „Ja. Ich glaube, diesmal wirklich.“
Sie stießen die Gläser an. Ein leises Klingen, das im Quartier nachhallte. Keine großen Worte, kein Pathos – nur das stille Gefühl, dass zwischen ihnen und dem neuen Schiff ein Stück Zuhause gewachsen war.
Ein Akku, der hält
Geraldine ließ sich auf das Sofa fallen. Amanda saß schon dort, die Beine locker über die Lehne gehängt, und sah sie neugierig an.
„Also?“ fragte Amanda. „Wie war’s im Staub?“
Geraldine verzog das Gesicht. „Dreckig. Laut. Und meine Ausrüstung ist Mist.“
Amanda hob eine Augenbraue. „Mist?“
„Zu wenig Energie, die Batterie war dauernd im roten Bereich. Munition gerade so gereicht. Und die Werkzeuge…“ Geraldine schüttelte den Kopf. „Ich stand da wie ein Anfänger.“
Amanda grinste breit. „Das hätte ich gern gesehen. CMDR Cailloux-Delaurent, Heldin der Citadel, von einem leeren Akku in die Knie gezwungen.“
„Lach nur,“ knurrte Geraldine, doch das Lächeln zuckte ihr schon über die Lippen. „Wenn du dabeigewesen wärst, hättest du mich ausgelacht und gleichzeitig den Generator wieder hochgejagt.“
Amanda neigte den Kopf. „Vielleicht. Aber ich hätte dich auch rausgezogen, wenn du liegen geblieben wärst.“
Geraldine schwieg, sah sie an. In ihrem Blick lag Dankbarkeit, die sie nicht aussprach.
Amanda seufzte. „Du weißt, was das heißt, oder?“
„Ja,“ murmelte Geraldine. „Wir müssen zu den Ingenieuren.“
Amanda grinste, hob ihr Glas. „Na endlich. Einsicht ist der erste Schritt zur Besserung.“
Es wurde eine Tour durch die halbe Bubble. Station um Station, Outpost um Outpost – jeder Ingenieur hatte sein Spezialgebiet, und jeder verlangte seinen Preis. Mal seltene Materialien, mal Beute aus dubiosen Lagern, mal schlicht Zeit und Geduld.
Amanda übernahm den Großteil der Begleitsicherung. Wo Geraldine durch Werkstätten wanderte, stand Amanda draußen, lehnte lässig an einem Pfeiler und musterte jeden, der zu neugierig schaute.
Zwischendrin flogen sie Missionen, nur um wieder Material zu besorgen: Energiezellen, Leiterplatten, irgendwas, das ein schmieriger Techniker im Tausch haben wollte. Geraldine fluchte oft, Amanda grinste nur. „Willkommen im Handwerk, Cailloux-Delaurent.“
Es dauerte Wochen. Immer wieder kurze Einsätze, Landungen, Verhandlungen. Und Schritt für Schritt wurden Anzüge und Waffen besser: mehr Energie, stärkere Kapazität, längerer Atem im Gefecht.
Am Ende fühlte sich Geraldine nicht mehr wie eine, die improvisiert – sondern wie jemand, die vorbereitet war. Theresa wartete im Orbit, und unten stand sie mit Amanda Schulter an Schulter.
Das Dropship vibrierte leise, als es durch die dünne Atmosphäre brach. Zwei Reihen Sitze, spärliches Licht, der Geruch nach Schmauch und kaltem Metall. Geraldine saß angeschnallt, neben ihr Amanda – beide in frisch aufgerüsteten Anzügen. Die Gewehre ruhten sicher in den Befestigungen, nur ein Griff entfernt.
Amanda warf ihr einen Seitenblick, grinste unter dem Helmvisier. „Na? Fühlst du dich mächtig genug?“
Geraldine tippte gegen das neue Energiedisplay am Ärmel. „Wenn das Ding nicht nach fünf Minuten ausgeht, bin ich schon zufrieden.“
„Bescheidene Ziele.“
„Realistische Ziele.“
Das Dropship rüttelte, als es in den Landeanflug ging. Draußen erstreckte sich ein kleines Settlement – Generatoren, Lagerhallen, ein paar Wachtürme. Das Ziel war simpel: ein Reaktor musste neu gestartet werden, und der Widerstand war bekanntlich nicht begeistert von Besuch.
Die Rampe krachte nach unten, Staub wirbelte. Geraldine und Amanda sprangen hinaus, Waffen im Anschlag.
Die ersten Schüsse zerrissen die Stille, grelle Bolzen fuhren über den Boden. Geraldine duckte sich hinter eine Kiste, spürte, wie ihr Anzug die Trefferanzeige ruhig und stabil hielt. Keine Alarmlichter, kein schrilles Warnen. Sie grinste. Das fühlt sich anders an.
Amanda war bereits in Bewegung, glitt von Deckung zu Deckung, erwiderte das Feuer präzise. „Siehst du? Mit dem neuen Setup kannst du endlich mehr als drei Sekunden aufrecht stehen bleiben.“
„Danke für die Motivationsrede,“ knurrte Geraldine, drückte den Abzug. Der Rückstoß der frisch modifizierten Waffe vibrierte satt durch ihre Arme. Zwei Gegner brachen zusammen, der Rest zog sich zurück.
Sie arbeiteten sich durch das Settlement, Geraldine an den Konsolen, Amanda deckend mit der Waffe. Kein Gehetze, kein Herzrasen wie früher. Der Energiestand blieb stabil, das Atmen im Helm ruhig.
Als die Generatoren hochfuhren, erfüllte ein tiefes Summen die Anlage. Geraldine trat zurück, sah die Anzeigen grün aufleuchten. „So muss das laufen.“
Amanda klopfte ihr auf die Schulter. „Na also. Willkommen in der echten Liga.“
Geraldine lachte, kurz und rau. „Endlich mal kein Überlebenskampf, sondern ein Einsatz.“
Das Dropship rüttelte im Sinkflug, bis es schließlich wieder an der kleinen Station aufsetzte. Hydraulik zischte, die Rampe krachte herunter. Geraldine und Amanda traten nebeneinander hinaus, noch staubig vom Einsatz. Der Stationshangar war hell erleuchtet, Stimmen hallten wider, Techniker schoben Container. Geraldine spürte ein Ziehen in den Schultern, aber auch dieses vibrierende Gefühl, das nach einem gelungenen Gefecht blieb.
„Nicht schlecht,“ meinte Amanda, während sie die Waffen abgab. „Du bist diesmal nicht mal fast umgefallen.“
Geraldine schnaubte, zog den Helm vom Kopf und schüttelte den Staub aus den Haaren. „Weil der Anzug endlich tut, was er soll.“
„Mhm.“ Amanda grinste schief. „Vielleicht auch, weil du endlich weißt, was du tust.“
Zurück bei ihrem Schiff parkten sie ihre Ausrüstung, stiegen ein und brachten die Maschine auf Kurs zur Citadel. Der Flug war ruhig, und die Stille zwischen ihnen war angenehm, gefüllt von dem Wissen, dass beide genau wussten, was die letzten Wochen bedeutet hatten.
Im Quartier warfen sie sich erschöpft auf das Sofa. Amanda streckte die Beine aus, Geraldine lehnte sich zurück.
„Also?“ fragte Amanda, die Augen halb geschlossen. „Alles den Aufwand wert?“
Geraldine nickte, langsam, fast feierlich. „Ja. Zum ersten Mal hatte ich unten das Gefühl, dass ich dazugehöre. Nicht nur überleben, sondern bestehen.“
Amanda sah sie an, und ihr Blick wurde weicher. „Wurde auch Zeit.“
Ein Moment Stille, bevor Geraldine leise hinzufügte: „Weißt du, wir machen inzwischen so viel zusammen. Mehr als ich je gedacht hätte. Das… berührt mich.“
Amanda schwieg, nur ein winziges Zucken um den Mund verriet, dass sie von den Worten getroffen war. Dann grinste sie, sarkastisch, um die Wucht abzufedern: „Na toll. Jetzt werd ich noch weich.“
Geraldine lachte rau. „Gewöhn dich dran. Ich find’s gut.“
Und diesmal blieb Amanda still – aber ihre Hand, die beiläufig auf Geraldines ruhte, sagte mehr, als Worte es hätten können.
Noch ein Traum aus Stahl
Die Worte hingen noch zwischen ihnen, Amanda hatte sie nicht weggelacht wie sonst. Schließlich zog sie die Brauen hoch und meinte trocken: „Wenn wir so weitermachen, gewöhne ich mich noch dran, dass du ständig in meiner Nähe bist.“
Geraldine grinste schief. „Hättest du vor ein paar Monaten nicht gedacht, oder?“
„Nicht mal ansatzweise,“ gab Amanda zurück. „Aber jetzt… fühlt es sich richtig an.“
Geraldine lehnte sich zurück. „Und das aus deinem Mund.“
Amanda zuckte mit den Schultern, tat, als wäre es nichts. „Nicht überbewerten. Ich hab’s nur gesagt, weil’s stimmt.“
Ein Lächeln huschte über Geraldines Gesicht. „Genau deswegen mag ich dich.“
Amanda rollte die Augen, aber man sah, dass es sie traf.
Amanda ließ den Kopf an die Lehne sinken und musterte Geraldine aus dem Augenwinkel. „Weißt du eigentlich, dass ich sowas noch nie hatte? Mit jemandem… so konstant. Immer zusammen, immer dieselbe Kabine.“
Geraldine zog eine Braue hoch. „Und? Nervt’s dich schon?“
Amanda schnaubte leise. „Manchmal. Aber nicht so, wie du denkst. Eher ungewohnt. Ich war immer die Einzelgängerin. Kaum war jemand zu nah dran, bin ich weitergezogen.“
„Das bist du jetzt nicht.“
„Nein.“ Amanda drehte den Kopf, sah sie direkt an. „Bei dir fühlt es sich… sicher an. Auch wenn’s mich manchmal irritiert.“
Geraldine grinste schief. „Wenn ich dich nicht irritieren würde, wär’s langweilig.“
„Da hast du recht.“ Amanda lachte leise, aber in ihren Augen lag Ernst. „Und trotzdem: ich hätte nicht gedacht, dass ich das kann. Nähe zulassen.“
Geraldine streckte die Beine aus, ließ die Hände auf den Knien ruhen. „Ich auch nicht. Aber mit dir… ich will’s auch gar nicht anders.“
Für einen Moment blieb es still, nur das Summen der Triebwerke im Hintergrund. Amanda rieb sich über die Stirn, fast verlegen. „Na super. Jetzt bringst du mich doch noch dazu, kitschig zu werden.“
Geraldine grinste, lehnte sich näher. „Keine Sorge. Ich sorge dafür, dass wir uns gleich wieder zanken.“
Geraldine lehnte sich zurück, sah an die Decke. „Manchmal denk ich an Kathleen. Sie hat hier reingepasst… ohne dass ich’s richtig gemerkt habe. Jetzt fehlt sie mir.“
Amanda nickte knapp. „Mir auch. Sie hat eine Leichtigkeit mitgebracht, die wir sonst nicht haben.“
Geraldine lächelte leise. „Genau das. Es war anders, wenn sie da war.“
Geraldine seufzte leise. „Und Echo… sie geht mir nicht aus dem Kopf. Dieses Treffen am Außenposten war seltsam. Sie war anders, abgeklärter, aber trotzdem… irgendwie vertraut.“
Amanda zog die Stirn kraus. „Klingt, als ob du sie vermisst.“
„Vielleicht. Aber nicht so, wie man jemanden vermisst, der fehlt. Eher wie… ein Kapitel, das nicht zu Ende geschrieben ist.“ Geraldine starrte ins Leere. „Ich kann sie nicht einfach abhaken.“
Amanda schwieg einen Moment, dann sah sie Geraldine direkt an. „Du musst mir das nicht erklären. Wenn sie wichtig für dich ist, reicht mir das.“
Geraldine nickte dankbar. „Danke. Genau das meinte ich.“
Die Stimme des Nachrichtensprechers übertönte fast das Summen des Carriers.
„…das neueste Modell aus den Werften von Core Dynamics: die Mandalay. Ein mittleres Mehrzweckschiff, entwickelt für Piloten, die Reichweite, Wendigkeit und Stauraum in einem Rahmen suchen.
Mit größerer Sprungreichweite als die Anaconda, schnellerer Beschleunigung und optimierten Systemen für Exploration. Einsetzbar für tiefe Erkundungsflüge ebenso wie für flexible Missionen in der Bubble.“
Ein Hologramm erschien, drehte sich langsam: eine kompakte Silhouette, schlanke Linien, fast elegant. Geraldines Augen verengten sich, als sie die Daten überflog.
„Verdammt,“ murmelte sie. „Das könnte genau das sein, was ich gesucht hab.“
Amanda stieß ein lautes Stöhnen aus, kippte den Kopf zurück. „Nicht dein Ernst. Schon wieder ein neues Schiff? Du hast doch eben erst Theresa geholt.“
„Die Mandalay ist anders,“ widersprach Geraldine, ihr Blick blieb am Hologramm hängen. „Schneller, größere Reichweite, und trotzdem genug Platz für Exploration.“
Amanda verschränkte die Arme. „Und was passiert dann mit deiner Anaconda? Die wäre praktisch ausgemustert.“
Geraldine schwieg einen Moment, das traf. Sie liebte die Anaconda, trotz all ihrer Macken. „Ich weiß,“ sagte sie leise. „Das macht mich auch traurig.“
Amanda musterte sie scharf. „Aber?“
Ein schiefes Grinsen stahl sich in Geraldines Gesicht. „Aber die Mandalay will ich trotzdem.“
Amanda schloss die Augen, schüttelte den Kopf und lachte bitter. „Neues Schiff, neues Drama. Ich seh’s schon kommen.“
Die Holoanzeige flackerte noch, die Mandalay drehte sich im Projektor. Geraldine stand auf, schüttelte den Kopf, fast um den Sog der Gedanken loszuwerden.
„Komm,“ sagte sie plötzlich. „Ich will nach Ashley sehen.“
Amanda blinzelte, überrascht, ließ sich dann aber mitziehen. Gemeinsam gingen sie durch die Gänge, bis sich die Hangartore öffneten.
Die Anaconda lag im Dock wie ein schlafendes Tier, mächtig und unbewegt, aber voller Geschichten. Geraldine blieb davor stehen, verschränkte die Arme und seufzte.
„Weißt du,“ begann sie, „die Mandalay wird spannend. Sie könnte vieles ersetzen, vielleicht sogar einfacher machen.“ Ihr Blick glitt über die gewaltigen Linien des Schiffs. „Aber Ashley wird immer mehr sein als nur ein Werkzeug.“
Amanda schwieg, musterte sie seitlich, bis Geraldine sich ihr zuwandte.
„Du kannst sie jederzeit fliegen,“ sagte Geraldine leise, aber bestimmt. „Ich vertraue dir.“
Ein seltenes Leuchten huschte über Amandas Gesicht. „Das weiß ich. Und genau deshalb werd ich’s nicht ausnutzen.“
Geraldine grinste schief, legte die Hand auf die kühle Außenhaut der Anaconda. „Gut. Denn egal was kommt – Ashley wird hier bleiben. Immer.“
Amanda nickte langsam. Keine Witze, kein Sarkasmus, nur dieses stille Einverständnis, das schwerer wog als Worte.